Wie wunderbar, beinah magisch und voller Schönheit sind doch unsere Kinder! Das Strahlen in ihren Augen, wenn sie lachen und uns in die Arme laufen. Die Faszination auf ihren Gesichtern, wenn sie die Welt erkunden und sich auf ihren kleinen Füßchen tagtäglich in ein neues Abenteuer begeben. Wie groß ist unsere Herz und voller Liebe, wenn wir sie abends schlafend im Bett betrachten. Und wie stolz sind wir auf sie, wenn wir erleben dürfen, wie sie wachsen und Fähigkeiten entwickeln, die sie uns näher bringen. Uns, den Erwachsenen.
Wir spüren Verbundenheit und Freude, wenn wir uns selbst in unseren Kindern wiederentdecken. Wenn wir uns selbst erkennen in ihrem Verhalten und in den Dingen, die sie sagen oder wie sie mit den alltäglichen Herausforderungen umgehen. Wir bestärken und fördern sie dabei, rücksichtsvoll und achtsam zu sein. Wir achten darauf, dass sie Rücksicht nehmen und ihnen Ordnung wichtig ist. Es ist uns wichtig, Ihnen unsere Werte zu vermitteln und wir erleben uns als erfolgreich, wenn wir die „Beweise“ im Verhalten der Kinder entdecken und sind erleichtert, denn wir haben offensichtlich einiges „Richtig“ gemacht.
„Schau mal, wie schön ich bin! Such nach dem Licht in mir. So wie ich wirklich bin und nur so will ich sein...“
Doch was ist mit den Momenten im Alltag, die scheinbar „schief laufen“, die nicht in unser Erfolgsbild passen? Wie gehen wir mit den Momenten um, die uns in unserer Geduld, unserem Mitgefühl und unserer Hingabe fordern?
Wenn unser Kind wütend ist und schreit? Wenn es sich unseren Wünschen widersetzt und seinen Widerstand mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zum Einsatz bringt? Wie geht es uns damit? Sind wir gelassen und können entspannt einen Weg finden, der alle Beteiligten im Blick hat oder geraten wir selbst „in die Krise“?
„Schau mal, wie schön ich bin...Braucht sicher etwas Zeit, kann schwer zu finden sein. Doch schau, wie schön ich bin!“
Wie kann es gelingen, auch in diesen Momenten, die uns manchmal so stark herausfordern, die gleiche leuchtende und magische Schönheit in unseren Kindern zu sehen? Wie können wir auch bei Wut, Trotz und Trauer die Verbundenheit bewahren?
Es fällt uns leicht, den angenehmen Momenten und Begegnungen mit unseren Kindern „ins Auge zu schauen“ und uns selbst wie in einem kleinen Spiegel zu sehen. Wir erleben dadurch Bestätigung und die Sicherheit, „gut genug“ zu sein. Doch meist schauen wir weniger gern hin, wenn es um unangenehmere Situationen geht. Welche Gedanken und Überzeugungen wirken dann im Hintergrund? Manchmal können wir es nicht aushalten, wenn unser Kind traurig ist oder Wut zeigt oder geraten in Stress, wenn es nicht „hört“! Welche Wirkung hat dieses Verhalten auf uns? Vielleicht zeigen wir uns dann selbst weniger herzlich und verständnisvoll oder sind sogar selbst laut und vorwurfsvoll.
„Schau mal, wie schön ich bin. Immer und jeden Tag.“
Wenn wir erkennen können, dass alles, was unsere Kinder uns zeigen und miterleben lassen, ein großes Geschenk ist...müssen wir keine Angst mehr davor haben! Jedes Gefühl, jede Wut, jeder Widerstand und jedes „Nein“ sind wertvolle Beweise dafür, dass unsere Kinder Mut und Kraft haben, für ihre Bedürfnisse einzustehen. Sie zeigen uns damit, dass sie sich sicher fühlen, sich in ihrer momentan zur Verfügung stehenden Art und Weise ausdrücken zu dürfen.
Marshall Rosenberg sagte: „Jedes Verhalten ist entweder ein Ausdruck von Liebe oder eine Bitte um Liebe oder beides!“
Wenn wir nun einen Wutanfall in diesem Licht betrachten, welches Geschenk liegt dahinter verborgen? Vielleicht ist es das starke Bedürfnis nach Selbstbestimmung oder der Wunsch, sich selbst als wirksam erleben zu dürfen. Oder unser Kind teilt uns mit, dass es ebenso wie wir geachtet und respektiert werden möchte. Oder vielleicht sagt es uns damit auch, dass es Angst hat, nicht mehr dazuzugehören und Sicherheit braucht, dass es von uns geliebt wird, egal was es tut. (Es hat nur noch keine andere Möglichkeit, sich entsprechend auszudrücken! - Diese Aufgabe fällt uns zu;)
„Bitte versuchs doch mal, bitte finde den Weg, mein wahres Ich zu sehen...“
Das größte Geschenk jedoch ist aus meiner Sicht, die Chance aus solchen Momenten mehr über uns selbst herauszufinden. Ich kann mich immer fragen, wieso gerate ich in emotionalen Stress oder wieso kann ich ein bestimmtes Verhalten nur schwer aushalten. Was hat das mit mir zu tun? Woran erinnert mich das? Welche Gedanken tauchen dann in meinem Geist auf? Welche Überzeugungen sind in mir lebendig und welche Glaubenssätze habe ich selbst aus meiner eigenen Kindheit mitbekommen? Und vor allem: welche eigenen Verhaltensmuster oder Gefühle lehne ich an mir selbst ab? Ich kann anfangen, mich selbst empathisch wahrzunehmen und die Gefühle und Bedürfnisse zu forschen, die sich mir zeigen. Ich kann aufhören, mich selbst abzulehnen und zu verurteilen.
Wenn wir beginnen, das, was gerade in unseren Kindern lebendig ist, so anzunehmen, wie es ist, dann gelingt uns der Weg hin zu Empathie und Verbundenheit. Wir bekommen den Mut, uns selbst schonungslos im Spiegel zu betrachten und auch in unserem eigenen Verhalten die guten Gründe zu finden. Wir erkennen, wann wir selbst eigentlich um Liebe bitten, obwohl wir äußerlich eher gestresst, sauer oder genervt sind. Und wir lernen, uns zu vergeben und finden Zugang zu einem anderen Weg, uns auszudrücken! Wir können echt sein, voll und ganz authentisch.
Und: wir können dann genau diese Fähigkeit an unsere Kinder weitergeben. Wir können ihnen vermitteln: „Ich sehe dich, in deinem Versuch, dich zu schützen und für deine Bedürfnisse zu sorgen. Ich sehe deine Angst und Traurigkeit! Ich halte es hier mit dir aus. Ich bin bei dir!“
Dann beginnen wir, voller Mitgefühl einen schützenden Raum zu erschaffen, in dem sich unsere Kinder verstanden und gesehen erleben, egal mit welchem Gefühlsausdruck. Wenn wir selbst mutig sind, gibt es keine Ablehnung mehr, sondern nur noch Annahme und Entwicklung.
Welch großartiges Geschenk es doch ist, mit Kindern zu leben.
„Egal, was ich auch tu...sieh wie schön ich bin!
(Red Grammer, See me beautiful, Übersetzung)
Peggy Kurdinat
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